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Höchste Zeit für ein Interview mit dem Supergirl-Duo hinter Jan 'n June

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Als ich mich in die Supergirl-Kollektion von Jan ’n June verliebt habe gab es my-GREENstyle.com noch gar nicht. Ich war damals in Berlin, um zu sehen, was es in Sachen nachhaltige, bezahlbare High Fashion auf dem Markt gibt. Spätestens als ich Juliana „Jula“ Holtzheimer und Anna Bronowski, die beiden real Supergirls hinter Jan ’n June entdeckt habe, war klar, dass my-GREENstyle ins Netz gehen muss. Selbstredend, dass ich Jan ’n June seit dem treu verbunden bin. Das entsprechende Labelporträt ist einer der ersten my-GREENstyle-Posts überhaupt. Wiedergesehen haben wir uns auf jeder Messe. Diesmal allerdings nicht nur mit einem Prosecco in der Hand, sondern „offiziell“. Mit einem Aufnahmegerät und der Absicht, den Inhalt unserer Unterhaltung aufzuzeichnen.

bezahlbare High Fashion

Blitzverliebt in die Blouse ZicZac

#Blck is the new Grn – ein Gespräch über bezahlbare High Fashion & Co.

Jula und Anna (beide 26) haben jede Menge zu erzählen. Haben sie sich doch mit ihrem nachhaltigen Modelabel einen Traum erfüllt. Mit einer erfolgreichen Crowdfunding-Kampagne fing 2014 alles an. Jan ’n June war geboren. Jula und Anna sind wieder bei ihren Eltern eingezogen, haben ihre Lebenshaltungskosten reduziert und haben ihr junges Label mit Nebenjobs finanziert. Zuhause wohnen die beiden immer noch. Aber ihre Idee, nachhaltige, bezahlbare High Fashion zu machen und so die Modelandschaft zu revolutionieren trägt Früchte. Seit der Herbst-/Wintersaison ist die Kollektion sogar in Belgien, Dänemark, Frankreich, Österreich, in den Niederlanden und in der Schweiz erhältlich. Wir haben uns u.a. über das daily business bei Jan ’n June, die Arbeit als Designer-Duo, den fehlenden Nachwuchs in Produktionsstätten und ihren Hashtag #byebyefastfashion unterhalten.

my-GREENstyle.com: Jula, Anna, Ihr geht jetzt in die wievielte Saison mit Eurem Label?
Jula: Das ist jetzt die fünfte Fashion Week und die sechste Kollektion.

my-GREENstyle.com: Und wie fühlt sich das für Euch an?
Jula: Die Zeit geht superschnell um. Es fühlt sich irgendwie kürzer an, aber gleichzeitig ist sehr viel passiert. Und auf dem Greenshowroom sind wir inzwischen fast schon alte Hasen.

bezahlbare High Fashion

Hauchzart und ziemlich sexy

my-GREENstyle.com: Der Traum von einem eigenen Label – hat sich Jan ’n June denn so entwickelt, wie Ihr Euch das vorgestellt habt?
Jula: Man geht ja mit einer großen Portion Naivität an so ein Projekt ran. Zum Glück. Denn einiges würde man vielleicht nicht auf sich nehmen, wenn man davon vorher wüsste. Aber mit Jan ’n June geht es auf jeden Fall in die richtige Richtung: Ja, ich würde sagen, es hat sich gut entwickelt.

Nachhaltig, stylish, bezahlbare High Fashion

Anna: Unsere Arbeit hat zwar oft wenig mit dem Endprodukt zu tun. Aber auch diese Dinge müssen gemacht werden, damit alles läuft. Und wir unser Wachstum selbst finanzieren können. Wir müssen kein neues Geld in die Hand nehmen. Darauf sind wir stolz. Und das ist mehr, als wir erwartet haben.

my-GREENstyle.com: Habt Ihr Euch denn die Arbeit für das eigene Modelabel so vorgestellt?
Jula: Wir haben tatsächlich etwas unterschätzt, wie viel Arbeit in den Strukturen steckt. Prozesse optimieren, verschlanken, darauf achten, dass Dinge nicht doppelt gemacht werden…  In unseren Größenordnungen gibt es keine Programme, die dir die Abläufe automatisieren. Deswegen dauert bei uns einiges länger als bei großen Onlineshops, bei großen Labels. Aber da sind wir dran.

my-GREENstyle.com: Und wie können wir uns einen typischen Tag bei Jan ’n June vorstellen?
Jula: Das ist eine bunte Mischung aus in paar Telefonaten und sehr, sehr, sehr vielen Mails, die tatsächlich die meiste Zeit verschlucken. Trotz Aushilfe packen wir auch selbst immer noch viele Pakete. Viel Excel und viel Zeit, die wir in die Optimierung des Onlineshops stecken. Der kreative Prozess macht, je nachdem in welcher Phase des Kollektionszyklus wir uns gerade befinden, leider nur einen ganz kleinen Teil aus.

bezahlbare High Fashion

Von dem Himmelblau kann ich nicht genug bekommen

my-GREENstyle.com: Würdet Ihr denn heute alles wieder genauso machen?
Jula: Also aus ein paar Fehlern hat man natürlich schon gelernt (lachen).
Anna: Aber wäre der nicht passiert, wäre es ein anderer gewesen… Es ist ein konstanter Lernprozess. Egal wie wir es gemacht hätten, bestimmte Hürden muss man eben nehmen.
Jula: Der Zeitpunkt war auf jeden Fall richtig. Es hat sich viel getan. Es hat sich viel verändert. Es kommt die Konkurrenz. Was  gut ist, weil das bedeutet, dass es eine Nachfrage gibt.

Wir hätten mit Jan ’n June nicht später dran sein dürfen

my-GREENstyle.com: Ein Label zu gründen ist kein Kinderspiel und mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand verbunden. Ganz abgesehen von der Tatsache, dass ihr nachhaltige UND bezahlbare High Fashion macht. Ihr wohnt wieder zu Hause bei Euren Eltern?
Jula: Tatsächlich wohnen wir immer noch zu Hause. Aber ich suche gerade nach einer Wohnung.
Anna: Bei mir macht eine eigene Wohnung eh keinen Sinn, wenn ich als Pendlerin wochenlang nicht da bin. Das würde nur unnötig Geld verbrennen.

my-GREENstyle.com: Ich bin kein Fan von all den spröden Begriffen wie „nachhaltige Mode“. Habt Ihr eine andere Idee? Etwas das so sexy klingt, wie Eure Kollektion aussieht?
Anna: Sustainable ist in Ordnung. Genauso Eco-Fashion, Clean Fashion und Fair Fashion. Leider sind slow und nachhaltig so vage. Sie sagen relativ wenig aus.

bezahlbare High Fashion

Unaufgeregt und herrlich clean

my-GREENstyle.com: Und welche Begriffe kommen nicht für Euch in Frage?
Jula: Das schlimmste Wort ist definitiv öko-fair. Oder auch Öko-Mode. Besser fände ich Conscious Fashion. Aber das hat ja leider jemand vor uns schon für sich besetzt. Aber Slow Fashion ist auch okay.

my-GREENstyle.com: Manche Fairfashion-Labels stellen auch auf konventionellen Messen wie der Premium aus. Ist das ein Thema für Euch?
Jula: Das wird jedes Mal aufs Neue diskutiert. Bisher haben wir das nicht ausprobiert, weil wir das Gefühl haben, dass wir zwischen den ganzen Konventionellen untergehen würden. Man sieht unseren Sachen ja glücklicherweise nicht an, dass sie nachhaltig und fair produziert wurden. Das wäre natürlich eine Möglichkeit, andere Einkäufer, andere Presseleute zu treffen… Außerdem fühlen wir uns auf dem Greenshowroom sehr wohl.

Die Jan ’n June Mission: nachhaltige und bezahlbare High Fashion

my-GREENstyle.com: Welche Ikone würdet Ihr gerne in Jan ’n June sehen?
Jula: Anna mag Karoline Herfurth sehr gerne. Oder Eva Padberg. Emma Watson wäre sehr cool, weil die sich sowieso schon für das Thema einsetzt.

my-GREENstyle.com: Im Juli wurde auf der Salonshow DfC x Jan ’n June gezeigt. Was hat sich daraus für Euch ergeben?
Jula: Unsere Jan ’n June-Kollektion ist rhythmusgebunden. Das heißt, dass DfC x Jan ’n June nach der Lancierung der Sommerkollektion produziert wird. Und die wird dann über unseren Onlineshop erhältlich sein.
Anna: Es geht eben nur eins nach dem anderen. Wir arbeiten alle Projekte nacheinander ab. Es war von Anfang an klar, dass wir nicht alles gleichzeitig machen können, weil wir bislang nur eine Produktionsstätte haben. Aber das Projekt wird auf jeden Fall fortgesetzt werden.

Fairfashion

Ich kann’s kaum erwarten: DfC x Jan ’n June

my-GREENstyle.com: Ihr produziert nach wie vor in Breslau?
Jula: Richtig. Aber die haben enorme Probleme Nachwuchs für die Produktionsstätte zu finden. Alle drei Nähschulen haben zugemacht. Niemand lernt mehr wie man näht. Geeignete Näher und Näherinnen sind rar…

my-GREENstyle.com: Ihr arbeitet mit Bio-Baumwolle genauso wie mit recyceltem Polyester. Habt Ihr ein Lieblingsmaterial?
Jula: Das ist abhängig von der Kollektion. Mein aktueller Favorit ist der „angel skin“, den Anna auf der Munich Fabric Start entdeckt hat. Das ist eine Bio-Baumwolle, die sich herrlich weich anfühlt und gleichzeitig ein bisschen kühlt. Aber unser Organic Fleece ist auch immer ganz weit vorne. Genauso die Satin-Sachen
Anna: Diese glänzenden Stoffe fehlen in unserer Branche noch komplett, weil sie so schwer zu bekommen sind. Und weil viele Labels nur mit Naturmaterialien arbeiten. Wir finden aber, dass sich recyceltes Polyester fantastisch verarbeiten und tragen lässt. Das hat nichts mehr mit dem 60er- und 70er-Jahre-Polyester zu tun. Solche Stoffe braucht man in der Kollektion, um von den klassischen Sweat-Jersey-Materialien wegzukommen.

Recyceltes Polyester hat nichts mehr mit den 60er- und 70er Jahren zu tun

 

bezahlbare High Fashion

Auf der Suche nach einem nachhaltigen Klassiker. Voilà, hier ist er

my-GREENstyle.com: #byebyefastfashion war Eure Idee…
Jula: Wir versuchen zu kommunizieren, dass jedes Shirt, das Du nicht fast, sondern slow kaufst, ein Schritt in die richtige Richtung ist. Dass Du Dir dessen bewusst bist, wenn Du dann doch was Konventionelles kaufst. Auch das ist der richtige Weg. Wenn alle so denken und handeln, würde das richtig viel bringen.
Anna: Klar, es muss Vordenker, Vorreiter, Vorbilder geben, die vermeintlich immer alles richtig und perfekt machen. Es wirkt häufig so, als würden manche Menschen fehlerfrei durchs Leben gehen. Gerade Slowfashionblogger erwecken häufig den Anschein das perfekte Leben zu führen. Uns geht es darum, zu verändern und nachzudenken. Aber Fehler sind menschlich.

#byebyefastfashion

my-GREENstyle.com: Wann habt Ihr das letzte Mal ein nicht-nachhaltiges Teil gekauft. Und welches war das?
Jula: Das war Ende letzten Jahres. Und es waren Ohrringe. Plötzlich waren sie da und jetzt werden sie dauernd getragen. Fehlkäufe gibt es bei mir nicht mehr. Belohnungskäufe schon manchmal…

my-GREENstyle.com: Jula sagt über Anna…
Jula: Positiv, analytisch denkend, modetickend genauso wie ich.

my-GREENstyle.com: Und Anna über Jula?
Anna: Hat sehr genaue Vorstellungen und weiß, was sie will. Unser creative brain, was unsere social media Geschichten angeht. Macht die Blogger Relations, die Kampagnen kommen von ihr.

bezahlbare High Fashion

Immer en vogue: das Slipdress. Und dieses ist aus recyceltem Polyester

my-GREENstyle.com: Ich gehe davon aus, dass Ihr nicht IMMER einer Meinung seid. Kocht Ihr Brennnesseltee oder fliegen bei Euch die Fetzen?
Anna: Da staut sich nichts an und explodiert dann. Wir sagen unsere Meinung und suchen dann nach einem Kompromiss.

Das klingt sehr vielversprechend 🙂 Macht unbedingt weiter so –  fantastische, nachhaltige UND bezahlbare High Fashion ist die Zukunft. Und herzlichen Dank für das Interview, Anna und Jula!

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