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Keine Ahnung, über was wir gerade gelacht haben - das Gespräch war so wunderbar bereichernd

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Hauchzart, luftig, duftig, wolkig (aber natürlich nicht im Sinne von betrübt) – die feminin fließenden Seidenkleider von Johanna Riplinger sind so filigran wie sie selbst. Sie ist eine Künstlerin, die gerne Floristin geworden wäre. Eine Poetin, die Designerin geworden ist. Eine Reisende, die überall zu Hause ist. Und Zuhause fühlt man sich auch in ihren wunderbar organischen Kollektionen, die sie aus luxuriösen Materialien wie Seide, Cashmere und Angora nachhaltig in Paris entwirft. Und mit kunstvollen Techniken mit Pflanzenfarben in einem ganz besonderen Glanz erstrahlen lässt. Umso glücklicher war ich, als ich Johanna Riplinger, die unter anderem bei Guy Laroche gearbeitet hat, und ihre Green Luxury Kollektionen auf dem Greenshowroom kennen gelernt habe. Ich habe mich mit ihr über die Macht von Kleidungsstücken, die Faszination der Natur, ihre neue, vegane Zweitlinie Shine, Heimat, über Pflanzenfarben, den Fußabdruck der Natur und natürlich über Green Luxury unterhalten.

Green Luxury

Hier stimmt alles bis ins kleinste Detail

Ein Gespräch über Green Luxury mit Johanna Riplinger

my-GREENstyle: Du hast bei Guy Laroche gearbeitet. Für viele designer ist das ein Traum. Warum hast Du dort aufgehört?
Johanna Riplinger: Guy Laroche war fantastisch. Ich durfte ich für die Defilées designen. Meine Modelle wurden auf den Laufsteg geschickt! Das war eine großartige Erfahrung. Aber ich habe gesehen, wieviel Verschwendung es im Luxusbereich gibt.

my-GREENstyle: Was genau meinst Du mit Verschwendung?
Johanna Riplinger: Wir haben beispielsweise Prototypen gemacht und die wurden drei, vier oder fünf Mal neu aus Seide geschnitten. In meinem Traum von Luxusmode damit etwas zerbrochen. Die Oberflächlichkeit und die Verschwendung und wie sich alles nur um die Modenschauen dreht. Alles ist nur Show. Irgendwie nicht echt. Das wollte ich anders machen.

my-GREENstyle: Und was machst Du heute anders?
Johanna Riplinger: Bei mir hängen hier fast nur meine Prototypen. Das erfordert viel Denkarbeit im Vorfeld. Aber ich nehme mir die Zeit, einen Prototypen solange umzuarbeiten, bis alles perfekt ist. Ich ändere dann am Modell und schneide nicht neu. Damit habe ich viel weniger „waste“ bei der Kollektionsentwicklung. Und: es spart jede Menge Kosten ein.

Green Luxury

„Ich liebe Zweige und Sträuße, die nicht auf den ersten Blick schön sind“

my-GREENstyle: Du wusstest schon sehr früh, dass Du Designerin werden möchtest. Was wärst Du sonst gerne geworden?
Johanna Riplinger: Keine Frage: Floristin! Ich kann nicht ohne Blumen leben. Blumensträuße im klassischen Sinn sind zwar nicht so meins, aber ich liebe einzelne Zweige. Und ich liebe Gärten. Ich bin in einem großen Garten aufgewachsen. Damals habe ich schon aus Blättern & Co. meine eigenen Sträuße gebunden. Ich ließe Sträuße, die überraschen. Die aus Dingen zusammengestellt werden, die man nicht unbedingt auf den ersten Blick als schön wahrnimmt.

Alles was Flecken machen kann, kann auch färben – Johanna Riplinger über Pflanzenfarbe

my-GREENstyle: Und was fasziniert Dich so an der Natur?
Johanna Riplinger: Alle lieben die Magnolie, aber allein die Ausdruckskraft eines Magnolienzweiges, der noch nicht aufgeblüht ist. Was für ein Charakter! Wenn sieht, wie bei den Blüten das Rot in das Grün übergeht, oder die Kraft von den Knospen, die gerade aufspringen… Das sind die Dinge, die mich in der Natur faszinieren. Pflanzen zu beobachten, ist für mich eine der größten Inspirationsquellen.

Schaut Euch die Natur ganz genau an – Karl Blossfeldt, Pflanzenfotograf (1865 -1932)

my-GREENstyle: Stand auch von Anfang an fest, dass Du ein nachhaltiges Label haben willst?
Johanna Riplinger: Meine Liebe zur Natur war ganz früh da. Ich würde fast sagen, ich bin nicht im Haus, sondern im Garten, in der Natur groß geworden. Ich war auch in einer Waldorfschule – da konnte ich meine Naturverbundenheit voll ausleben. Und dass ich Modedesignerin werden möchte, wusste ich bereits seit meinem zehnten Lebensjahr. Klar, in welche Richtung mein Label gehen würde: Green Luxury!

Die Natur hat die Fähigkeit komplexe und stimmige Ergebnisse zu kreieren.

my-GREENstyle: Was zeichnet Deine Kollektionen aus?
Johanna Riplinger: Einerseits natürlich die Verbindung mit der Natur. Und andererseits die Verbindung der Frau mit sich selbst, zu ihrer eigenen Natur. Und damit schließt sich für mich der Kreis. Denn ich möchte mit meinen Kollektionen zeigen, dass hochwertige Mode nachhaltig sein kann. Aber auch, dass hochwertige Mode eine Tiefe und eine Naturverbundenheit enthalten kann. Ich möchte Frauen die Fähigkeit schenken, sich selbst mehr zu vertrauen. Ich bekomme oft das Feedback, dass sich Frauen durch meine Kleidungsstücke innerlich gestärkt fühlen…

Green Luxury

Diese Materialien muss man fühlen – und sie geben Kraft (c) Sarah Dulay

my-GREENstyle: Zu Deiner Green Luxury  Kollektion Johanna Riplinger hast Du ja gerade noch eine zweite Linie gelauncht: Shine
Johanna Riplinger: Die erste Shine-Kollektion kommt für Frühjahr/Sommer 2017 auf den Markt und die besteht ausschließlich aus Bio-Baumwolle. Für den kommenden Herbst habe ich ein bisschen vegane Seide dazugemischt. Damit ist Shine zu 100 Prozent vegan.

Pflanzenfarben stehen chemischen Farben in nichts nach. Sie haben viel mehr Tiefe

my-GREENstyle: Was hat Dich dazu gebracht, für Deine Green Luxury Kollektionen mit natürlichen Färbetechniken zu arbeiten?
Johanna Riplinger: Die Verbindung von Natur und Mode ist für mich ganz natürlich. Ich wollte gerne die Samtigkeit von Knospen und die fantastischen Farben der Natur auf menschgemachte Textilien übertragen. Ich habe schon meine Diplomarbeit zu diesem Thema gemacht.

my-GREENstyle: Was macht diese Färbetechniken so besonders?
Johanna Riplinger: Blütenblätter werden auf den Stoff gelegt und hinterlassen ihren Abdruck. Das sieht jedes Mal anders aus. Ich nenne es den Fußabdruck der Natur auf der Kleidung zu haben.

my-GREENstyle: Du arbeitest mit verschiedenen Färbern zusammen. Kannst Du uns über die Herkunft der Pflanzen und ihre Geschichte erzählen?
Johanna Riplinger: Die Tempelblüten beispeilsweise, werden täglich in Massen auf den Blumenmärkten gekauft und in indischen Tempeln geopfert. Nach einer Weile werden diese Opfergaben nicht mehr gebraucht. Und diese Leftovers sammelt ein taubstummer Mann für mich ein. Und meine Partner stellen daraus wunderschöne Pflanzenfarben her.

Ich lasse die Kreativität der Blüte sprechen

my-GREENstyle: Stammen denn alle Farben aus Indien? Ich stelle mir gerade vor, dass man Blüten und Blätter sammelt, Dir zuschickt und Du daraus individuelle Lieblingsstücke zauberst…
Johanna Riplinger: Es sind nicht nur Blüten, die ich verwende. Es funktioniert auch mit Zwiebel-, Avocado oder Granatapfelschalen. Das spannende ist eigentlich, dass es immer die Überreste sind, die wir nicht essen.

Green Luxury

Hauchzart und schmeichelhaft wie eine zweite Haut (c) Sarah Dulay

my-GREENstyle: Hast Du eine Lieblingstechnik?
Johanna Riplinger: Shibori ist tatsächlich eine meiner Lieblingstechniken. Aber auch das Auflegen von Blütenblättern. Damit kann man der Natur so viel Raum lassen. Auch bei der Shibori-Technik lässt man dem Zufall Raum. Der Mensch hält sich zurück, die Natur hat das Wort. Schließlich gibt es eine Perfektion im Unperfekten. Das ist die wahre Schönheit.

Ich arbeite mit intensive Lichtfarben, die die Tiefe zeigen und Bandbreite von Pflanzenfarben zeigen.

my-GREENstyle: Eine Farbe, die Du gerne auf natürliche Art reproduzieren würdest, was aber noch nicht geklappt hat?
Johanna Riplinger: Eigentlich gehe ich etwas anders an das Thema heran. Ich schaue, was möglich ist. Und dann experimentiere ich und finde durch Zufall etwas heraus, das ich besonders schön finde. Das entwickle ich dann weiter. Ich lasse mich gerne von der Natur inspirieren und versuche nicht irgendetwas zu erzwingen. Da habe ich vollständig umgedacht. Die Natur hat eben nichts mit Pantone-Farben zu tun.

Natürlich habe ich Ideen von einer theoretischen Farbpalette, aber die Frage ist: Was gibt mir die Natur und was kann ich damit machen?

my-GREENstyle: Deutsch-Amerikanerin in Paris? Was bedeutet Heimat für Dich?
Johanna Riplinger: Inzwischen lebe ich aus persönlichen Gründen in Lissabon und lerne portugiesisch (lacht). Um auf Deine Frage von vorhin zurückzukommen, was ich machen würde, wenn ich nicht Designerin geworden wäre – ich liebe Sprachen. Sprachen sind für mich eine Möglichkeit out of the box zu denken. Mit jeder Sprache hat sich mir ein neuer Denkraum eröffnet.

my-GREENstyle: Aber was ist dann Heimat für Dich?
Johanna Riplinger: Ich dachte immer Heimat ist für mich zwischen Tübingen und Paris. Aber jetzt habe ich gelernt: Heimat ist da wo ich bin. Denn mein wirkliches Zuhause ist nicht irgendein Haus, sondern mein Körper. Und das möchte ich auch in meinen Kollektionen widerspiegeln.

my-GREENstyle: Du zeigst deine Green Luxury Kollektionen aus Paris auf dem Greenshowroom in Berlin. Wie sieht es mit dem Thema nachhaltige Mode in Frankreich aus?
Johanna Riplinger: Das Interesse wächst beim Konsumenten, aber in den Boutiquen ist das noch nicht so zu spüren. Von einer Bewegung wie in Deutschland kann man leider nicht sprechen.

Green Luxury

Material-Mix: Wolle trifft auf zarte Seide c) Sarah Dulay

my-GREENstyle: Und was finden wir außer Teilen aus Deinen eigenen Kollektionen in Deinem Kleiderschrank?
Johanna Riplinger: Nachdem ich inzwischen seit zehn Jahren designe, muss ich sagen, dass ich kaum andere Stücke als meine eigenen im Schrank habe. Außer Unterwäsche und Strumpfhosen kaufe ich kein „Fremd-Textil“.

my-GREENstyle: Was sagen Deine Freunde über Dich?
Johanna Riplinger: Als Frei- und Querdenker habe ich mich schon sehr früh davon abgegrenzt was andere Leute über mich sagen oder denken. Dafür habe ich mich auch nie interessiert. Was für mich selbst wichtig ist: Freiheit und Toleranz. Jeder sollte sein Leben leben, wie er es möchte.

my-GREENstyle: Könntest Du netterweise folgenden Satz beenden: Für die nachhaltige Mode wünsche ich mir…
Johanna Riplinger: … dass sie selbstverständlich wird.

Vielen Dank, Johanna für das Interview!

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