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Berlin Alexanderplatz. Menschenmassen mit zahllosen – identisch bedruckten – gut gefüllten Papiertüten, schwärmen aus einem hell beleuchteten Kaufhaus eines Fast Fashion-Anbieters und verstreuen sich in alle Himmelrichtungen. Ein kurzer Moment der Verwunderung. Dann die Erleuchtung. Wüsste man es nicht besser, hätte man das Gefühl, dass es hier etwas zu verschenken gibt. Denn warum um Himmels willen, sollten so viele Menschen, so dringend Säckeweise neue Kleidung, das x-te T-Shirt, die zehnte Jeans brauchen? Leider handelt es sich um einen ganz normalen Tag, an dem die vornehmlich junge Fashioncrowd sich den Wunsch, jeden noch so schnelllebigen Trend mitzumachen, mit Hilfe von Schleuderpreisen erfüllt. In Drittweltländern wie Kambodscha oder Vietnam produzierte Wegwerfware, die bei diesen Dumpingpreisen weder fair noch nachhaltig produziert werden kann, landet kiloweise in den Einkaufstüten der Fashionfans.

Sweatshop (engl., Ausbeutungsbetrieb) ist die Bezeichnung für Fabriken, meist in Drittweltländern, in denen unter miserablen Umständen zu Niedrigstlöhnen gearbeitet wird.

Die norwegische Tageszeitung Aftenposten hat sich diesem Thema in einer mehrteiligen Doku-Webserie gewidmet und den miesen Handel mit der Mode plakativ für die junge Zielgruppe aufbereitet. Mit drei norwegischen Modebloggern reist die Redaktion nach Pnom Penh, Kambodscha. Mitten hinein die Realität, in die Hochburg der billigst produzierten Mode, in einen Sweatshop. Vor Ort verbringen die drei jungen Norweger(-innen) eine Nacht in dem winzigen Schlafraum einer Näherin, teilen sich eine Matratze mit ihr, sitzen stundenlang hinter einer Nähmaschine in der Textilfabrik. Tauchen ein in das Leben derjenigen Menschen, die diese Massenware tagtäglich produzieren müssen, um den scheinbar unstillbaren Konsumwunsch der Industrienationen und die Profitgier der Billigsttextilanbieter zu befriedigen.

Es war fast nicht auszuhalten. Kein Trinken, kein Essen, keine Luft und gleichzeitig musste man die gleichen Bewegungen immer und immer wieder machen. – Modebloggerin Anniken Jørgensen (18)

Fazit: Den drei Modebloggern Anniken, Frida und Ludvig wurden die Augen geöffnet. Von ihrer anfänglich naiven Einstellung zu den Arbeitsbedingungen ist nach kurzer Zeit nichts mehr übrig. Fassungslosigkeit macht sich breit. Der Wunsch, etwas zu ändern, ist gesäht. Die Aufzeichnungen der Interviews sollen unvollständig sein. Es gibt Gerüchte, die Tageszeitung sei von einer großen Modekette unter Druck gesetzt wurde. Aber Annikens Kritik an der Tageszeitung sorgt für Wirbel. Die Videos aus dem Sweatshop werden weltweit geklickt. Bleibt nur noch zu hoffen, dass den Betrachtern ebenfalls die Augen geöffnet werden. Denn kann jeder von uns kann seinen kleinen Beitrag leisten: Finger weg von Billigware. Es macht viel mehr Spaß, fair produzierte Mode zu kaufen, die man mit gutem Gewissen tragen kann.

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