Spoiler: Ja. Kann man. Das weiß ich seit dem Self-Leadership Workshop mit Stina Spiegelberg. 10-fache Autorin, TV-Köchin, erfolgreiche Leiterin von zwei Unternehmen und TOP100 Speakerin. Spätestens jetzt klingt alles danach, als hätte Stina keine Freizeit bzw. Zeit für sich. Ganz beiläufig erwähnt: Mutter ist sie auch. Das nimmt definitiv einiges an Zeit in Anspruch, wie ich als Zwillingsmama weiß. Trotzdem lebt Stina eine – Achtung, maximal beneidenswert – 3,5 Tage-Woche. Sie hat ihr (Arbeits)-Leben offensichtlich etwas besser organisiert als ich. Mit ihrer FEMschool schenkt sie Selbstständigen und Unternehmerinnen mehr Klarheit, um ihre Vision zu verwirklichen und nimmt uns mit in die Felder Mindset, Organisation und Kommunikation.
(M)ein Gespräch über Self-Leadership mit Stina Spiegelberg:
Mirjam Smend: First things first (damit wir alle vom Gleichen sprechen): Was versteht man unter Self-Leadership?
Stina Spiegelberg: Selbstführung ist für mich das Werkzeug, um im Leben mehr zu bekommen von dem was Du willst. Im Grunde geht es darum die eigenen Gedanken, Emotionen und Verhaltensweisen mit Selbstreflexion in eine gewünschte Richtung zu lenken.
Mirjam Smend: Du veröffentlichst super erfolgreich vegane Kochbücher. Wie bist du auf die Idee gekommen, auch noch die FEMschool zu gründen?
Stina Spiegelberg: Ich habe mich vor 13 Jahren aus dem Burnout heraus selbstständig gemacht, als absolute Quereinsteigerin, ohne Vorbilder und Ansprechpartner. Und das war ein steiniger Weg. Mit Passion und Werten gründen folgt den wenigsten Businessbüchern und als Frau muss man sich im gastronomischen und kulinarischen Feld besonders behaupten.
Auf meinem Weg durfte ich fantastische Menschen kennen lernen und habe vor allem bei Frauen festgestellt, dass sie oft ihr Licht unter den Scheffel stellen und sich selbst unter Wert verkaufen.
Mehr und mehr Frauen kamen auf mich zu und schenkten mir ihr Vertrauen, indem sie mich um Unterstützung in ihrer Selbstständigkeit und Unternehmen baten. Aus diesem Wunsch nach ehrlicher Unterstützung und einem authentischen Erfahrungsaustausch entstand 2018 das Mindful Women Netzwerk als Veranstaltungsformat und Magazin. Daraus entwickelte sich 2020/21 die FEMschool. Ich lag mit meiner Tochter im Wochenbett, hatte mir gerade 3 Monate frei genommen und hatte gerade im Sommer eine kleine Gruppe Frauen nebenbei in die Selbstständigkeit begleitet. Eines Nachts kam mir das Wörtchen „FEMschool“ in den Sinn, die Domain war frei und sechs Wochen später startete unsere erste Aktion (eine 5-Tages-Challenge). An dieser ersten Aktion haben 500 begeisterte Frauen teilgenommen, die nach mehr Selbstbestimmung und finanzieller Freiheit suchten und ich wusste dieses Projekt braucht mehr Raum. Die FEMschool war geboren und auch wenn ich es noch vor vier Jahren für unmöglich gehalten hätte: seither leite ich beide Unternehmen.
Mirjam Smend: Zwei Unternehmen, regelmäßige TV-Auftritte, Interviews, und, und, und … und Mama. Wie bekommst du das alles unter einen Hut?
Stina Spiegelberg: Ich habe gelernt sehr effektiv zu priorisieren. Ich finde keine Ausreden mehr.
Mir ist aufgefallen, dass 80% der Dinge, die ich früher in meiner Arbeitszeit als Selbstständige untergebracht habe praktisch dazu gedient haben meine Zeit zu füllen.
Heute sage ich nein bei allem, was mir nicht dient. Heißt: Ich definiere ganz klar was will ich in diesem Jahr/Monat, in dieser Woche erreichen und was muss ich tun, um dort hin zu kommen. Ich teile meine Zeit sehr bewusst ein. Ich lebe eine 3,5-Tage-Woche. Mittwoch nachmittags und Freitags (und das Wochenende) habe ich frei. Für meine Arbeitszeit sind maximal 30 Stunden vorgesehen. Jedes Projekt, was nicht in die 30 Stunden passt, hat in dieser Woche keinen Platz mehr. Meine weitere Zeit ist auch zugewiesen: ich möchte Zeit für mich, mit meinem Partner und meiner Familie verbringen und wir sprechen offen darüber was jedem von uns gut tut und was wir gerade brauchen. Früher habe ich oft Enttäuschung gespürt, wenn die Woche vorbei war, weil ich bestimmte Dinge nicht erledigt hatte, oder dafür nicht den Raum hatte. Meine Erwartungen waren nicht realistisch und haben mich stark unter Druck gesetzt und zur gleichen Zeit habe ich vieles getan, was nicht zielführend war. Heute hilft mir vorausschauende Planung Klarheit zu finden.
Meine Woche passiert mir nicht einfach, sondern ich kann sie mit einer Intention angehen, die mich im Leben glücklich macht.
Mirjam Smend: Was hast du früher falsch gemacht? Oder anders gesagt: Was machst du heute anders?
Stina Spiegelberg: Ich gebe mir heute mehr Raum für Fehler und bin liebevoller zu mir selbst. Um ehrlich zu sein ist das einer der größten Wachstumsantriebe für ein Unternehmen, wenn man seinen Erfolg nicht an das Ergebnis knüpft, sondern an den Rhythmus mit dem man lernt.
Früher war ich sehr hart zu mir selbst, habe mich viel kritisiert und konnte Lob nicht annehmen.
Eine spannende Erfahrung, die ich erst kürzlich in einem ganz neuen Projekt gemacht habe, etwas, das ich noch nie zuvor getan habe und der Veranstalter schenkt mir dafür volles Vertrauen. Meine Intuitive Reaktion war nicht etwa davor zurück zu schrecken, sondern stattdessen anderen Menschen Glauben zu schenken, die in mich und meine Fähigkeiten vertrauen. Manchmal strahlt man die nächste Version von sich selbst bereits aus, hängt aber selbst noch zu sehr an der alten fest, um den nächsten wichtigen Schritt zu gehen.
Mirjam Smend: Hat das etwas mit unserer gängigen Definition von Erfolg zu tun?
Stina Spiegelberg: Das gängige Verständnis von Erfolg ist „höher, schneller, weiter“. Je mehr Du verdienst, umso mehr bist Du wert. Alles muss messbar sein und am besten ist das Ergebnis schon in Sichtweite und garantiert, bevor man startet. Das war die Einstellung mit der ich vor 14 Jahren in den Burnout gerasselt bin und der mich fast Kopf und Kragen gekostet hätte.
Mirjam Smend: Was bedeutet Erfolg für Dich?
Stina Spiegelberg: Heute gehe ich mit mehr Bedacht an meine Definition von Erfolg.
Erfolg ist für mich direkt an mein Maß von Lebensqualität gekoppelt und die hängt von meiner Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung ab.
Ich will jeden Moment genießen – nicht erst nach meiner Arbeitszeit – und meine Werte leben können. Meine besten Jahre sind jetzt, und auch wenn ich bewusst für meine Zukunft vorsorge, liegt mir nicht daran mich auszubrennen, sondern mit allen Sinnen zu genießen und wertvolle Erfahrungen zu sammeln.
Mirjam Smend: „Höher, schneller, weiter“ – kann das wirklich dauerhaft unser Ziel bleiben?
Stina Spiegelberg: Mich hat diese Einstellung damals krank gemacht. Und mentale Gesundheit ist nicht umsonst ein sehr brisantes Thema. Es ist leichter im unternehmerischen Kontext den Erfolg an Zahlen festzumachen. Was aber Erfolg wirklich ausmacht, ist ein Gefühl – nur ist es schwerer zu greifen. Gen Z fordert es laut und dank Social Media wird der Gedanke, Menschlichkeit und Miteinander wieder in Unternehmen einziehen zu lassen, lauter. Eine offene Fehlerkultur ist aus meiner Sicht die Basis, die über Generationen hinweg den Raum für konstruktiven Austausch ermöglicht. Nur so finden wir kreative Lösungen für eine sich ständig ändernde Welt.
Mirjam Smend: Selbständig sein bedeutet selbst und ständig. Sagt man. Wie komme ich aus diesem Rad raus und erlange wieder Selbstbestimmung in der Selbstständigkeit?
Stina Spiegelberg: Selbstständig sein ist die große Chance jede Minute Deines Lebens selbst zu gestalten. Aber das bringt auch die Verantwortung mit jede Minute selbst zu gestalten. In der akademischen Laufbahn wird Intellekt durch rein fachliche Themen beschränkt, ein gesunder Umgang mit meiner mentalen Gesundheit, Resilienz, Selbstmotivation und Freude am Lernen sind aber Themen, die in der Selbstständigkeit darüber entscheiden, ob jemand langfristig erfolgreich ist.
Das große Missverständnis, das durch Social Media bestärkt wird, ist als Selbstständige gewinne man den Erfolg über Nacht.
Es gibt selten eine realistische Erwartungshaltung. Tatsache ist aber, dass sich Dein Leben und Deine Selbstständigkeit nur so formen, wie es für Dich richtig ist, wenn Du erst selbst herausfindest, was Dir gut tut und in welche Richtung es gehen soll. Das war für mich eine der größten Herausforderungen, denn in Wahrheit stehen wir uns einfach nur oft selbst im Weg. Und wir müssen Verantwortung für unsere Entscheidungen übernehmen, denn der größte Energiefresser ist ein zweifelnder Geist. Wir sind so sehr darauf gedrillt eine sofortige Belohnung zu erwarten, dass wir verlernt haben auf langfristige Erfolge zu warten. Wenn ich ein bestimmtes Ziel vor Augen habe, werde ich in anderen Bereichen Kompromisse eingehen müssen. Ich weiß wie schwer es ist, wenn man noch keinen Beweis hat, dass es klappt all in zu gehen. Aber der Glaube an Dich selbst kann Berge versetzen. Vielleicht nicht heute, aber übermorgen ganz bestimmt. Du musst nur dran bleiben.
Mirjam Smend: Ist Self-Leadership eine Möglichkeit für mehr Erfolg?
Stina Spiegelberg: Self Leadership ist die Grundlage für langfristigen Erfolg. Selbstführung bedeutet, dass ich mich selbst gut kenne, meine Bedürfnisse wahrnehme und sie bewusst als Ziel für mein Handeln nutze. Nur wenn ich mich damit auseinandersetze wo ich tatsächlich hin möchte und wie ich mich als Mensch dabei fühlen möchte, kann sich das in meinem Leben gut anfühlen.
Self Leadership heißt für mich konsequent auszusortieren, was mir nicht dient.
Mirjam Smend: Wo fange ich an?
Stina Spiegelberg: Du kannst mit einer Liste starten mit zwei Spalten. Was gefällt Dir an Deinem aktuellen Leben und was möchtest Du ändern? Mache eine Liste mit jeweils 20 Punkten. Von dort aus kannst Du weiter denken: Bei den Dingen, die ich ändern möchte, welche Konsequenzen ergeben sich daraus. Muss ich Geld sparen, um eine Ausbildung anzufangen, muss ich eine Kinderbetreuung suchen, um mir mehr Zeit für mich zu nehmen…? Wenn wir einen offenen Lebenstraum haben, verdrängen wir diesen aus zwei Gründen: wir glauben nicht, dass wir es schaffen können oder wir sind nicht bereit die Konsequenzen zu tragen.
Mirjam Smend: Hast du drei Hacks für uns, die dein (und mein!) Leben leichter machen?
Stina Spiegelberg:
Nein sagen, wenn Du es möchtest und keine Angst davor zu haben, damit auf andere egoistisch zu wirken, wenn ich in meinem Leben mich selbst priorisiere.
Mich auf Social Media nicht vergleichen und konsequent Accounts entfolgen, die mir ein schlechtes Gefühl geben.
Ein freier Freitag. Ein entspannter Geist ist so viel produktiver und mein Leben so viel leichter.
Hack No4: In Technik investieren, die Dir das Leben leichter macht.
Mirjam Smend: Welche Rolle spielen deine Devices, dein Office etc.
Stina Spiegelberg: Ich brauche nicht viel für meine Selbstständigkeit: mein Macbook und mein iPhone und damit kann ich im Prinzip von überall auf der Welt arbeiten. Das wichtigste für mich ist, dass mein Equipment zu 100% zuverlässig ist, da gehe ich heute keine Kompromisse mehr ein. Mir ist früher einmal pro Jahr mein Laptop Datenverlust oder Viren zum Opfer gefallen und abgesehen von diesem Ausfall und den Neukosten stand die dauerhafte Befürchtung im Raum, wann es wieder passieren würde. Seit ich mein Macbook habe, tausche ich es nur noch aus, wenn ich mehr Speicherplatz benötige. Daher meine absolute Empfehlung an alle Selbstständige: kaufe Dir ein Macbook, die Investition macht sich über Jahre bezahlt (keine bezahlte Werbung).
Abgesehen davon bin ich ein großer Fan von technischen Gadgets und Apps. Gerade mit der KI gibt es täglich neue Programme, die einem das Leben leichter machen. Im Abstand von ein paar Monaten recherchiere ich bewusst zu ausgewählten Themen, damit ich am Ball bleibe, aber im Alltag nicht zu sehr davon abgelenkt werde.
Mirjam Smend: Was kannst du uns mit auf den Weg geben, damit unser Leben wieder selbstbestimmter wird?
Stina Spiegelberg: Der Alltag ist sehr schnelllebig und ich erwische mich immer wieder selbst dabei wie ich in alte Muster rutsche oder den Fokus verliere. Mich zu fragen wo ich hinmöchte und mir bewusst zu machen was ich bereits tue oder in Zukunft bewirken kann, um dorthin zu kommen, schenkt mir ein großes Maß an Selbstwirksamkeit. Es ist leicht sich von Stolpersteinchen ablenken zu lassen, aber ich bin fest überzeugt, dass es immer einen Weg gibt. Mit anderen Menschen über meine Träume und Ideen zu sprechen und mir Menschen zu suchen, die mich gezielt unterstützen können, hat mir immer die Kraft geschenkt ein theoretisches Vorhaben in die Realität umzusetzen.
Mein Fazit?
Stina hat mich wirklich wachgerüttelt. So viele Überstunden obwohl ich weiß, dass das Projekt für mich alleine nicht zu stemmen ist (heißt: Unterstützung anfordern), so viele Wochenenden, obwohl man die Erholung bräuchte und auch Zeit für die Familie (heißt: irgendwann den Laptop zuklappen)… Es geht eben nicht alles. Zumindest nicht so. Das habe ich jetzt verinnerlicht und muss es nur noch umsetzen 🙂 Was die technische Ausstattung angeht, ist das unkomplizierter, Ich teile nämlich voll uns ganz die Meinung von Stina: Meine Devices müssen mich unterstützen (und Spaß machen) und mir nicht im Weg stehen. Am Schreibtisch arbeite ich deshalb mit meinem iMac, unterwegs mit dem MacBook Air (15 Zoll). Und nun ja: in meiner Handtasche habe ich das iPhone am Start. Endlich auch Version 15 – der Unterschied der Bilder ist wirklich enorm (vielleicht habt ihr den Unterschied in meinem Feed, vor allen auf @greenstyle_muc) schon bemerkt? Warum ich das so gut beurteilen kann? Weil ich seit über 20 Jahren Apple Userin bin und seit September 2023 in meiner Festanstellung NICHT mit Apple-Produkten arbeiten kann. Und das steht mir immer noch jeden Tag im Weg.
Auch Lust auf Self-Leadership? Und hier gibt’s mehr von Stina: Instagram: @femschool // www.femschool.de // www.stinaspiegelberg.com