Als Magdalena Schaffrin 2009 mit ihrer damaligen Kollegin Jana Keller den Greenshowroom als Messe für nachhaltige Designermode aufzog, mietete sie sich dafür im Berliner Luxus-Hotel „Adlon“ am Brandenburger Tor ein. Ein cleverer Schachzug. Denn wie kann man „grüne Mode“ besser aus ihrem Schattendasein befreien, als sie während der Mercedes-Benz Fashion Week in Sichtweite zum Fashion-Tent ins Rampenlicht zu schubsen.
Magdalenas Mission: nachhaltige Mode als Mainstream
Ihr eigenes ökofaires Label *magdalena schaffrin, das sie zwei Jahre zuvor gegründet hatte, musste sie dafür aufgeben. Beides ließ sich nicht unter einen Hut bringen. Keine einfache Entscheidung, aber wie alles im Leben der gebürtigen Stuttgarterin, geschah das vor dem Hintergrund einer noch größeren Mission. Ihre Zukunftsvision: nachhaltige Mode als Mainstream!
Ihr Engagement scheint sich zu lohnen: Inzwischen wurde die nachhaltige Designer-Plattform um die Ethical Fashion Show Berlin, mit Fokus auf Street- und Casualwear, erweitert. Das Projekt hat Magdalena Schaffrin 2011 an die Messe Frankfurt verkauft – die Gründerin ist aber nach wie vor als Creative Director tätig. Das „Adlon“ musste man aus Platzgründen verlassen. Am Berliner Postbahnhof der Greenshowroom ein ausreichend großes Zuhause am gefunden. 2009 wurde Magdalena Schaffrin übrigens auf Grund ihres Engagements in Bereich nachhaltige Mode mit dem Berliner Umweltpreis in der Kategorie Wirtschaft und Innovation ausgezeichnet. Zwei Jahre später wird sie dank ihrer kreativen Innovationen von der Standortinitiative „Deutschland – Land der Ideen“ in die Riege der „100 Frauen von morgen“ aufgenommen.
Im Gespräch mit Eco-Pionierin Magdalena Schaffrin
Beim Aftershow-Cocktail der Salonshow treffe ich die Power-Frau, die übrigens Anfang 2016 gemeinsam mit Ellen Köhrer die fantastische Fair Fashion Bibel „Fashion made fair“ (Prestel) herausgebracht hat.
my-GREENstyle: Für die Inszenierung der beiden Fashionshows habt Ihr Euch mit Eymeric Francois professionelle Unterstützung aus Paris nach Berlin geholt. Wie zufrieden bis Du mit dem Ergebnis?
Magdalena Schaffrin: Sehr. Ich habe sehr gutes Feedback bekommen und fand die Show selber auch sehr gelungen. Und die Musik war auch fantastisch. Sie hat unseren Blick nach vorne ausgedrückt.
my-GREENstyle: Berlin ist der einzige Fashion Week-Standort mit einer so starken Präsenz nachhaltiger Mode. Wie sieht es denn mit einer Expansion des Greenshowroom in Richtung London, Paris & Co. aus?
M.S.: Die Messe Frankfurt ist ja internationales Unternehmen. Aktuell ist aber nichts in Planung – wir konzentrieren uns auf Berlin.
Magdalena Schaffrin hat grüner Mode eine Plattform gegeben
my-GREENstyle: Immer wieder höre ich von Pressekollegen, dass sie im dicht gedrängten Fashion-Week-Schedule den Weg Greenshowroom am Postbahnhof nicht schaffen. Die nachhaltige Mode örtlich näher an die anderen Venues zu bringen, wäre eine Möglichkeit Eco-Fashion weiter ins Rampenlicht zu rücken.
M.S.: Die Location-Suche in Berlin ist nicht ganz einfach. Und wir haben mit dem gemeinsamen Ticket für Greenshowroom, Premium, Show & Order und Seek schon eine ganz gute Verbindung geschaffen. Und auch die Anbindung an den Mercedes-Benz Shuttle-Service macht einen Besuch bei uns ganz leicht. Mit der Salonshow haben wir eine Kooperation mit der IMG und sind deswegen damit im offiziellen Fashionweek-Kalender vertreten. Insgesamt sind wir mit unseren Veranstaltungen ziemlich gut in die offizielle Fashion Week integriert.
my-GREENstyle: Das ist natürlich richtig. Aber dennoch höre ich das immer wieder.
M.S.: Dann ist das eine Prioritätensache. Die Seek in der Arena ist noch weiter weg. Das hat dann nichts mit den Distanzen, sondern mit dem Interesse zu tun. Außerdem sehen wir eine positive Entwicklung was konventionelle Einkäufer betrifft. Die interessieren sich verstärkt für unsere Themen und kommen auf unsere Veranstaltung.
Wenn Leute nicht zum Greenshowroom kommen, hat das nichts mit Distanzen, sondern mit Desinteresse zu tun
my-GREENstyle: Weniger Kollektionen und ein Fokus auf Qualität sollen die konventionelle Mode entschleunigen. High Fashion-Labels wie Gucci und Burberry lancieren gerade z.B. Unisex-Kollektionen – ein Versuch die Mode etwas zu verlangsamen. Mit Deinem Label *magdalena schaffrin hast Du schon vor zehn Jahren Unisex gemacht. Was hat Dich damals dazu bewogen?
M.S.: (lacht) Unisex-Kollektionen zu machen, macht absolut Sinn. Was soll ich sagen? (lacht) Dass Nachhaltigkeit ein Zukunftsthema ist, sickert jetzt langsam auch in die konventionellen Mode rein. Die ganze Anstrengung, die Kering (u.a. Gucci, Alexander McQueen, Stella McCartney) unternimmt, seine ganze Konzerngruppe in Richtung Nachhaltigkeit zu bringen, finde ich persönlich ziemlich spannend und gut. Wir werden sehen.
my-GREENstyle: Was meinst Du denn, was wir aus dieser Richtung zu erwarten haben? Wie schnell wird man Erfolge sehen?
M.S. Ich habe mich mit Michael Braungart, dem Cradle-to-Cradle Gründer unterhalten, als ich damals schwanger war. Er fragte mich, ob ich deswegen eine Pause machen würde. Aber mich ein ganze Jahr aus der Mode zurückzuziehen? Das passiert in der Zwischenzeit so viel. Aber Michael meinte, die Mühlen mahlen so langsam in dieser Branche – sie hätten 20 Jahre gebraucht, um PVC in Kinderschuhen in der EU verbieten zu lassen. Wir werden also abwarten…
Die Mühlen im konventionellen Mode-Business mahlen langsam. Aber sie mahlen
my-GREENstyle: Eco-Warrior – ist das eine Bezeichnung mit der Du leben könntest? Oder welchen Titel würdest Du Dir selbst geben?
M.S.: (lacht) Das ist eine gute Frage. Ich habe gerade neue Visitenkarten gemacht – auf denen steht Sustainability & Fashion, weil ich einfach nicht weiß, was ich eigentlich bin. Ich bin Creative Director für die beiden Messen, ich habe einen Beratungsjob, wo ich Sortimentsentwicklung für Manufaktum mache, und ich habe gerade ein Buch rausgebracht. Was meinst Du? Wenn Du eine Idee für mich hast – sehr gerne!
my-GREENstyle: Deine eigene Kollektion hast Du aus Zeitgründen aufgegeben. Welche Labels finden wir denn jetzt in Deinem Kleiderschrank?
M.S.: Im Moment trage ich Alex Kurkowski an, die Hose ist von Goodsociety. Inzwischen habe ich einige Sachen von Lanius und Umasan in meinem Kleiderschrank.
Wenn ich nachhaltige Mode meine, spreche ich von qualitätsvoller Mode.
my-GREENstyle: Was wünschst Du Dir für die nachhaltige Mode?
M.S.: Ich wünsche mir, dass wir nicht mehr über nachhaltige Mode sprechen. Ich wünsche mir, dass wir einen Begriff für die andere Mode finden. Ich nenne sie konventionelle Mode, weil ich den Begriff genauso wenig mag wie die konventionelle Mode an sich. Wenn ich nachhaltige Mode meine, spreche ich von qualitätsvoller Mode. Denn es geht darum, dass der Nachhaltigkeitsbegriff ein Teil des Qualitätsbegriffs ist. Ein qualitativ hochwertig hergestelltes Kleidungsstück kann nicht von Kinderhand hergestellt worden sein und kann keine schädlichen Chemikalien beinhalten. Und da will ich hin. Soziale und ökologische Faktoren hingegen geben dem Produkt sogar noch ein Mehr an Qualität dazu.
my-GREENstyle: Und wie schätzen Sie die Entwicklung von nachhaltiger Mode ein? Wo stehen wir in 10 Jahren?
M.S.: Nicht hier. Aber in Berlin.
Vielen Dank für das Gespräch, Magdalena!
2 thoughts on “Magdalena Schaffrin: Eco Deluxe-Pionierin”
Ein wirklich sehr interessantes Interview und der Satz: „wenn ich von nachhaltiger Mode spreche, spreche ich von qualitätsvoller Mode“, ist einfach super!
Liebe Rebecca, ich freue mich sehr, dass Dir Das Interview gefällt. Das Gespräch hat mir wahnsinnig viel Spaß gemacht. Magdalena ist eine so unglaubliche Person! Wahnsinnig inspirierend. Liebe Grüße, *mirjam